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Ein MCL erfordert in der Regel eine rasche Einleitung einer systemischen Therapie. Nur im Einzelfall kann bei Anzeichen für einen indolenten klinischen Verlauf (Smoldering MCL) eine „Watch-and-wait“-Strategie verfolgt werden. Trotz stetiger Verbesserungen der Behandlungsstrategien, insbesondere durch Optimierung der Kombinationstherapien und dem Einsatz der CD20-Antikörper, ist die Behandlung des MCL auch heute noch eine groβe Herausforderung. Das MCL weist in den aktuellen Analysen mit einem mittleren Überleben von knapp 5 Jahren die schlechteste Prognose aller B-Zell-Lymphome auf [1]. Neben der bewährten Immunchemotherapie etablieren sich zunehmend auch Substanzen, die auf spezifische Zielstrukturen in den Lymphomzellen abzielen, wie beispielsweise die Bruton-Tyrosinkinase (BTK) im B-Zell-Rezeptor (BCR)-Signalweg. Grundsätzlich sollen alle Patienten im Rahmen von klinischen Studienbehandelt werden. Bei der therapeutischen Entscheidung sind neben dem Krankheitsstadium das biologische Alter des Patienten, der Allgemeinzustand sowie mögliche Begleiterkrankungen und das Toxizitätsprofil entscheidend.
Erstlinientherapie
Für die Minderheit (10-15%) der MCL-Patienten in lokalisierten Krankheitsstadien (Ann-Arbor-Stadium I oder II ohne Bulk) wird basierend auf retrospektiven Datenanalysen [2] der Einsatz einer kombinierten Strahlentherapiemit verkürzter Chemoimmuntherapie (z.B. 4x R-CHOP) empfohlen. Einige Patienten blieben damit über lange Zeit progressionsfrei und dürften auch von einem verlängerten Gesamtüberleben profitierten.
Bei Patienten unter 65 Jahre (biologisches Alter) und gutem Allgemeinzustand konnte die Prognose durch Intensivierung der Induktionstherapie deutlich verbessert werden, einerseits durch die Hinzunahme von hochdosiertem Ara-C (Cytarabin) und andererseits durch die frühe Konsolidierung mit Hochdosistherapie und nachfolgender autologer Stammzelltransplantation (ASZT). In Europa gilt aufgrund der Ergebnisse der MCL-Younger-Studie des Europäischen Mantelzell-Lymphom-Netzwerks [3] die Behandlung mit R-CHOP im Wechsel mit R-DHAP (Rituximab, Dexamethason, Hochdosis-Ara-C, Cisplatin), gefolgt von Hochdosistherapie mit ASZT als Therapiestandard: In der Phase-3-Studie mit 497 Patienten zeigte R-CHOP/R-DHAP alternierend gegenüber alleiniger R-CHOP-Induktion (jeweils gefolgt von Radiochemotherapie mit ASZT) nach median 51 Monaten Nachbeobachtung eine signifikant höhere Ansprechrate nach der Induktionstherapie (CR/CRu: 55% vs. 39%, p=0,0013). Nach der ASZT waren die Ansprechraten zwar vergleichbar (Gesamtansprechen: 98% versus 97%; CR/CRu: 82% vs. 77%). Die Zeit bis zum Therapieversagen (primärer Endpunkt) war allerdings im R-CHOP/R-DHAP-Arm nahezu verdoppelt (88 Monate vs. 46 Monate, p=0,038), vor allem aufgrund einer geringeren Zahl an Rezidiven (40 vs. 81 Fälle). Das progressionsfreie Überleben wurde von 49 Monate auf 84 Monate signifikant verbessert (p=0,0001) und erstmals zeigte sich auch ein verlängertes Gesamtüberleben (82 Monate vs. nicht erreicht, p=0,045).
Bei jüngeren Patienten mit eingeschränktem Allgemeinzustand sowie älteren Patienten über 65 Jahre ist R-CHOP gefolgt von einer Rituximab-Erhaltung ein häufig angewendetes Standardregime. Den Nutzen einer Rituximab-Erhaltung beim MCL belegte eine 2012 publizierte Phase-3-Studie des European MCL Network [4], die 560 ältere Patienten (Altersmedian 70 Jahre) mit neu diagnostiziertem MCL einschloss. Die Studie zeigte zum einen die Überlegenheit von R-CHOP gegenüber R-FC (4-Jahres-Gesamtüberleben: 62% versus 47%, p=0,005). Zum anderen ergab sich ein deutlicher Vorteil für die Erhaltungstherapie mit Rituximab im Vergleich zu Interferon-alpha, insbesondere in der R-CHOP behandelten Gruppe (4-Jahres-Gesamtüberleben: 87% versus 63%; p=0,005).
Basierend auf der STiL-Studie [5] ist auch Rituximab plus Bendamustin (R-B) als effektive und besser verträgliche Option etabliert:In der Phase-3-Studie wurde R-CHOP mit R-B bei insgesamt 514 Patienten mit indolenten Lymphomen, darunter 94 Patienten mit neu diagnostiziertem MCL verglichen. Bei ihnen zeigte sich nach median 45 Monaten ein signifikant verlängertes progressionsfreies Überleben zugunsten des R-B-Arms (median 35,4 Monate vs. 22,1 Monate; p=0,0044). Auch die BRIGHT-Studie [6] bestätigte ein gutes Ansprechen von MCL-Patienten auf R-B im Vergleich zu R-CHOP (94% vs. 85%; p=0,0180). Den Stellenwert einer Rituximab-Erhaltung nach R-B-Induktion prüft derzeit die NHL 7-2008-Studie.
Rezidivtherapie
Obwohl mit den neuen Therapiestrategien die Prognose beim MCL deutlich verbessert werden konnte, erleiden die meisten Patienten im Verlauf der Behandlung relativ früh einen Rückfall, mit entsprechend schlechter Prognose. Die mediane Gesamtüberlebenszeit beträgt nach dem ersten Rückfall nur noch ein bis zwei Jahre [7]. Auch im Rezidivist die Immunchemotherapie Standard (bei initialer Remissionsdauer >6 Monate). Allerdings hat sich noch keine Standardtherapie etabliert, die sich gegenüber anderen Regimen als eindeutig überlegen erwiesen hätte. Die Wahl des Protokolls erfolgt in Abhängigkeit von der Initialtherapie. Bei jüngeren Patienten sollte eine ASZT (falls noch nicht in der Erstlinientherapie durchgeführt) diskutiert werden. Im Spätrezidiv (>12 Monate nach Primärtherapie) kann das initial eingesetzte Regime wiederholt werden.
Neben verschiedenen kombinierten Immunchemotherapien stellen auch der Proteasomeninhibitor Bortezomib sowie die mTOR-Inhibitoren Temsirolimus (bereits zugelassen) und Everolimus wirksame Optionen dar. Auch für die Immunmodulatoren Thalidomid und Lenalidomid (als Monotherapie oder in Kombination mit Rituximab) liegen positive Studienergebnisse vor. Als besonders viel versprechende Option gilt der in den USA bereits zugelassene und in Europa kurz vor der Zulassung stehende orale Inhibitor der Bruton-Tyrosinkinase (BTK) Ibrutinib, der in einer Phase 2-Studie bei stark vorbehandelten Patienten mit rezidiviertem/refraktärem MCL eine Gesamtansprechrate von 68% zeigte, davon 22% mit komplettem Ansprechen [8]. Die BTK ist eine zentrale Schaltstelle des B-Zell-Rezeptor (BCR)-Signalwegs und spielt demnach eine Schlüsselrolle bei der Proliferation von B-Zell-Lymphomen. Erste positive Phase-1-Daten liegen auch für einen weiteren Tyrosinkinasehemmer, dem PI3K-Inhibitor Idelalisib, vor [9], der ebenfalls auf den gestörten BCR-Signalweg (PI3-Kinase) abzielt. Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist ABT-199, der den natürlichen Zelltod (Apoptise) in der malignenZelle induziert [10].
Referenzen:
[1] Dreyling M et al. ESMO Guidelines Working Group. Newly diagnosed and relapsed mantle cell lymphoma: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Ann Oncol. 2014;25(Suppl 3):iii83-iii92.
[2] Leitch HA et al. Limited-stage mantle-cell lymphoma. Ann Oncol. 2003 Oct;14(10):1555-61.
[3] Hermine OR et al. Alternating courses of 3x CHOP and 3xDHAP plus Rituximab followed by a high dose ARA-C containing myeloablative regimen and autologous stem cell transplantation (ASCT) increases overall survival when compared with six courses of CHOP plus Rituximab followed by myeloablative radiochemotherapy and ASCT in Mantle Cell Lymphoma: Final analysis of the MCL younger trial of the European Mantle Cell Lymphoma Network (MCL NET). Hematological Oncology 2013;31(Suppl. 1):#086.
[4] Kluin-Nelemans HC et al. Treatment of older patients with mantle-cell lymphoma. N Engl J Med. 2012;367(6):520-31.
[5] Rummel MJ et al. Bendamustine plus rituximab versus CHOP plus rituximab as first-line treatment for patients with indolent and mantle-cell lymphomas: an open-label, multicentre, randomised, phase 3 non-inferiority trial. Lancet 2013; 381(9873): 1203-10.
[6] Flinn IW et al. Randomized trial of bendamustine-rituximab or R-CHOP/R-CVP in first-line treatment of indolent NHL or MCL: the BRIGHT study. Blood. 2014 May 8;123(19):2944-52.
[7] McKay P et al. Guidelines for the investigation and management of mantle cell lymphoma. Br J Haematol. 2012 Nov;159(4):405-26.
[8] Wang ML et al. Targeting BTK with ibrutinib in relapsed or refractory mantle-cell lymphoma. N Engl J Med. 2013 Aug 8;369(6):507-16.
[9] Kahl BS et al. A phase 1 study of the PI3Kδ inhibitor idelalisib in patients with relapsed/refractory mantle cell lymphoma (MCL). Blood. 2014;123(22):3398-405.
[10] Ng SY, Davids MS. Selective Bcl-2 inhibition to treat chronic lymphocytic leukemia and non-Hodgkin lymphoma. Clin Adv Hematol Oncol. 2014 Apr;12(4):224-9.
Letzte inhaltliche Aktualisierung am: 13.07.2015
MCL – Fortschritte in der Therapie
Prof. Martin Dreyling – DGHO 2014
Die Therapie des Mantelzell-Lymphoms hat in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht. So berichtet Prof. Dreyling über interessante Studienergebnisse zu modernen Substanzen wie Bortezomib, Ibrutinb, Temsirolimus oder Lenalidomid. Ein weiterer Aspekt ist die Therapiesequenz.
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MCL: Basisinformationen
Mantelzell-Lymphom – Daten und Fakten
Das MCL zählt zu den Non-Hodgkin-Lymphomen und gilt als Erkrankung des älteren Menschen. Auch wenn es zu den seltenen NHL gehört, sind Kenntnisse über Epidemiologie, Diagnose und Symptomatik wichtig. Wesentliche Aspekte hierzu haben wir in diesem Beitrag zusammengestellt.
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